Editionsbericht zur digitalen kritischen Edition der Kostfra-Zeitschrift bauhaus

Karoline Lemke

In der digitalen kritischen Edition der Zeitschrift bauhaus der Kommunistischen Studierendenfraktion am Bauhaus Dessau sind alle bekannten, direkt oder indirekt überlieferten Ausgaben berücksichtigt. Sie bildet erstmals das Periodikum zusammenhängend ab und macht die über verschiedene Archive, Nachlässe und Museen verstreuten Texte verfügbar.

Korpus und Textgrundlage

Das Korpus der Zeitschrift basiert auf einer losen Blattsammlung von Einzelheften, deren Zuordnung durch die eindeutige Zuweisung über das Titelblatt oder durch Bezüge erfolgt, wie sie durch das Inhaltsverzeichnis oder inhaltliche Referenzen festgestellt werden können. Es sind nachweislich in einem Zeitraum von drei Jahren 15 Nummern der Zeitschrift erschienen. 14 Ausgaben sind überliefert, während das erste Heft bislang verschollen bleibt. Trotz umfangreicher Recherchen im Rahmen der vorliegenden Edition konnte die Nummer nicht aufgefunden werden. Die Inhalte von Heft 1 können aber aus der zeitgenössischen Rezeption durch die Lokalpresse rekonstruiert werden. Darüber hinaus hat sich ein Blatt erhalten, das auf eine weitere, 16. Ausgabe mit mindestens sieben Blatt schließen lässt. Insgesamt umfasst der bearbeitete Textkorpus 144 Blatt. Vergleichbare Flugblätter, die im selben Zeitraum am Bauhaus Dessau in Umlauf waren, z. B. das Protestblatt zum Vorkurs, die also vom gestalterischen Charakter und Vervielfältigungsverfahren den Blättern der Kostufra-Zeitschrift ähneln, wurden nicht in den Korpus aufgenommen. Sie wurden als Medium der Studierendenvertretung losgelöst von der bauhaus verteilt. Deren Mitglieder stellten zwar mutmaßlich zeitweise auch Teile der Kostufra-Redaktion, daraus ist jedoch nicht im Umkehrschluss zu folgern, dass sämtliche von und im Interesse von Bauhausstudierenden produzierte Texte zum Konvolut der Kostufra-Zeitschrift gehören. Die Originale der einzelnen Heftnummern, die das Korpus repräsentativ abbilden, stammen, ausgehend vom Bestand der Stiftung Bauhaus Dessau, aus insgesamt fünf Archiven. In Fällen, in denen eine Ausgabe unvollständig war, wurden die fehlenden Blätter aus anderen Beständen ergänzt. Gegenwärtig besitzen nachweislich insgesamt zehn Institutionen Exemplare der bauhaus im Original oder als Kopie:

  • das Stadtarchiv Dessau-Roßlau besitzt die Nummern 2, 4, 5, 6 (unvollständig), 7, 8 und 10 (verschollen);1
  • die Zürcher Hochschule der Künste besitzt die Nummern 4, 6, 7, 8, 10, 12, 13 und 14;2
  • die Stiftung Bauhaus Dessau besitzt die Nummern 9, 11, 13, 15 und ein beidseitig bedrucktes Blatt, das der Nummer 16 zugeschrieben wird;3
  • die Kunstbibliothek Berlin besitzt die Nummer 3;4
     
  • das Bauhaus-Archiv Berlin besitzt die Nummern 2 bis 15 sowie Kopien des überlieferten Blatts, das Heft 16 zugeschrieben wird. Gemäß einer Aufstellung des Stadtarchivs Dessau-Roßlau handelt es sich bei den Nummern 2, 5, 10 und 13 um Originale. Da das Bauhaus-Archiv noch bis einschließlich 2025 für die Öffentlichkeit geschlossen ist, konnten diese Angaben nicht überprüft werden;
  • das Deutsche Kunstarchiv des Germanischen Museums in Nürnberg besitzt die Nummer 3 (Nachlass Ludwig Grothe);
  • die Bibliothèque Kandinsky am Centre Pompidou in Paris besitzt die Nummern 9 und 12;
  • das Getty Research Institute in Los Angeles besitzt die Nummern 2 bis 16. Heft 14, 15 und das Heft 16 zugeschriebene Blatt werden als Kopie vorgehalten;
  • die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR am Bundesarchiv Berlin besitzt Kopien der Nummern 2 bis 8, 10, 14 und 15;
  • das Archiv der Moderne in Weimar besitzt Kopien der Nummern 4, 6 bis 9, 11 und 12.

Anordnung und Gestaltung

Die Hefte der Zeitschrift sind in numerisch aufsteigender Folge angeordnet. Beginnend mit Heft 1, dessen Titel und Inhalte ansatzweise durch die zeitgenössische Rezeption in Lokalzeitungen rekonstruiert werden konnte, bis zum Heft 16, dessen Zuordnung aufgrund des inhaltlichen Rückbezugs auf Heft 15 (Entlassung von Joost Schmidt) erfolgte. Während die Heftnummern auf dem Titelblatt Aufschluss über die Reihenfolge geben, ist nicht jede Ausgabe eindeutig datiert. Für die 1930 und 1931 erschienenen Hefte lässt sich der Erscheinungsmonat oft nur nachträglich und aufgrund des Inhalts ermitteln. Den Referenzrahmen dafür liefern konkrete historische Ereignisse, die in den Artikeln erwähnt werden. Die Datumsangaben und zeitlichen Rückverweise sind im Zusammenspiel der einzelnen Texte jedoch bisweilen irreführend, da sie trotzdem wesentlich länger zurückliegen können, als der Erscheinungsmonat der einzelnen Ausgabe letztlich vermuten ließe. Gelegentlich finden sich mit Kugelschreiber ‒ also mit Sicherheit nach dem Zweiten Weltkrieg ‒ handschriftlich ergänzte Jahresangaben auf dem Titelblatt, die jedoch nicht in jedem Fall zutreffend sind. Wer diese Datierungen vorgenommen hat, ist unklar.5 Daraus ergibt sich ein Erscheinungsrhythmus, der zwischen einem bis sieben Monaten schwankt. Die nachträglich ermittelten Datumsangaben der undatierten Ausgaben werden durch eckige Klammern als Herausgeber*inneneingriffe markiert, die zeitliche Einordnung in einem separaten Kommentar begründet.
In einer synoptischen Ansicht sind die Digitalisate des historischen Materials (links) als Einzelseiten der Transkription (rechts) gegenübergestellt. Jedes Heft beginnt mit der Ansicht des Titelblatts. Die Absatzstruktur der Transkription folgt derjenigen auf dem Textträger. Sofern Textteile aufgrund der variierenden Schriftgröße oder -type oberhalb, unterhalb oder seitlich des Haupttitels geschrieben sind, wurden sie entsprechend ihrer inhaltlichen Reihenfolge angeordnet.

Die Gestaltung der Artikeltexte wurde in der Transkription rudimentär erfasst. Dies umfasst neben der zeichen- und zeilengenauen Wiedergabe des Textes die Übernahme der Kleinschreibung, wo abweichend der Groß- und Kleinschreibung, die Wiedergabe der Zeilen- und Seitenumbrüche, die Annotation der Überschriften und Abbildungen.

Die Markierung der Handschriftliche Elemente, Ausführungen mit Schablone usw. wurden nicht übernommen, da sie vermutlich auf Probleme in der Herstellung zurückzuführen sind und keine inhaltliche Signifikanz besitzen. Die Absatzstruktur der Artikeltexte folgt der des Textträgers, der originale Zeilenumbruch innerhalb der Artikeltexte wurde beibehalten. Zusätzliche Abstände zwischen einzelnen Textblöcken und variierende Zeilenabstände wurden nicht übernommen, zentrierte Trennlinien zwischen den Artikeltexten wurden in der Transkription vermerkt. Die Wiedergabe von (nicht) nummerierten Listen und Tabelleninformationen erfolgte zeichengenau. Abbildungen in Form gezeichneter Karikaturen wurden mit einem Platzhalter in Form eines <figure>-Elements erfasst.

Textkonstitution

Der transkribierte Text folgt in der Zeichenwiedergabe weitestgehend dem Original, d. h. er wird buchstaben- und zeichengetreu nach der zugrunde liegenden Vorlage wiedergegeben: die bei fast allen Bauhauszeugnissen aufgehobene Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinschreibung wird übernommen ebenso wie die von der Redaktion der bauhaus mit Groß- und Kleinschreibung wiedergegebene Zitate; Hervorhebungen der Redaktion in Form von Unterstreichungen und Sperrungen sowie fehlende oder überflüssige Zeichenabstände wurden der Vorlage gemäß wiedergegeben. Es wird der von der Kostufra-Redaktion verfasste Text wiedergegeben. Streichungen werden mit dem <hi>-Element und Überschreibungen als korrigierende Eingriffe der Redaktion mit dem <choice>-Element erfasst und abgebildet. Der Wechsel zwischen Schreibmaschinenschrift und den handschriftlich ausgeführten Textsequenzen und -artikeln wird nicht wiedergegeben.

Orthografie und Interpunktion wurden nicht modernisiert, variierende Schreibungen und Zeichensetzung nicht normalisiert. Die fast durchgängige Verwendung des ss anstelle von ß wird vorlagengetreu abgebildet ebenso wie die Getrennt- und Zusammenschreibung. Etwaige Abweichungen, die durchaus auf den Gebrauch verschiedener Schreibmaschinenmodelle mit variierender Tastenbelegung zurückzuführen sind, wurden für das ß übernommen. Davon ausgenommen sind die Anführungszeichen: im Original der bauhaus-Zeitschrift sind diese fast durchgängig hochgestellt. Ein Wechsel, mutmaßlich aufgrund eines anderen Modells, wie er in Heft 15 festzustellen ist, wird nicht wiedergegeben. Die Kommasetzung folgt der Vorlage. Schreibökonomische Abkürzungen wurden nicht aufgelöst.

Kommentar und Verzeichnisse

Der transkribierte Text ist mit einem Kommentar angereichert. Die Ausgabe enthält außerdem ein annotiertes Personenverzeichnis zu direkt oder indirekt genannten Personen und eine Bibliografie zur verwendeten Literatur und den Quellen. Die entsprechenden Informationen werden jeweils in einem Mouse-over angezeigt.

Im Sachkommentar werden erwähnte Personen, fremdsprachliche Ausdrücke und Begriffe, Orte, Werke, Ereignisse, Organisationen und Institutionen zur inhaltlichen Kontextualisierung erläutert. Sofern nachweisbar, werden Personen und Zitate sowie Anspielungen und Referenzen auf Ereignisse und Diskurse aufgelöst.

Der bibliografische Nachweis erfolgt in den Kommentaren in Form eines Kurztitels bestehend aus dem Nachnamen der Autor*innen, dem Veröffentlichungsjahr und der Seitenzahl. Äquivalent dazu werden archivalische Quellen und Zeitungen und Zeitschriften mit Siglen abgekürzt und unter dieser Kennung im Literaturverzeichnis vollständig bibliografiert. Ziel ist es, den Leser*innen eine wertfreie Kommentierung an die Hand zu geben, die situative Klarheit verschafft. Nach dem Prinzip „one click away“ wird der Kommentarteil gezielt verschlankt. Das heißt, wo eine schnelle Recherche mit einer Suchmaschine möglich ist und es zudem nicht ausschlaggebend für das inhaltliche Verständnis des Textes ist, wird auf eine Kommentierung verzichtet. Vergleichbare Schlagwörter und Begriffe werden mit gleicher Struktur abgebildet. Sachverhalte, Zitate und Personen, die nicht identifiziert werden können, werden mit einer entsprechenden Angabe („Konnte nicht ermittelt werden.“) gekennzeichnet.

Grundlegende Informationen zu den im Kostufra-Korpus auftauchenden Personen sind in das annotierte, unter Mitarbeit von Anke Blümm und Annika Padoan erarbeitete Personenverzeichnis ausgelagert: Lebensdaten, Beruf und eine grobe Skizze wesentlicher Lebensstationen vor dem Zeithorizont des Erscheinungszeitraums der Kostufra-Zeitschrift werden hier gesammelt. Wo vorhanden, wird der Bezug zur Bauhausinstitution angeführt. Die konkrete Textstelle betreffende Informationen werden im Sachkommentar erläutert. Insgesamt konnten 140 Personen durch direkte oder indirekte Nennung identifiziert werden. Es handelt sich um 61 Personen der Zeitgeschichte, deren biografische Angaben sich an den Informationen aus der GND (Gemeinsame Normdatei) orientieren und auf Lebensdaten und Beruf beschränken; um 52 Bauhausangehörige oder Personen mit direktem Bauhausbezug, deren biografische Informationen sich aus der Datenbank der Forschungsstelle für Biografien ehemaliger Bauhaus-Angehöriger (BeBA) speisen;6 und 27 Personen mit lokalem Bezug, deren Informationen sich aus Archivrecherchen ermitteln ließen. Sind die Lebensdaten nicht oder nur unvollständig bekannt, wird dies durch „unbekannt“ gekennzeichnet. Personen, die ausschließlich im Kommentar erwähnt werden, sind nicht in das Personenverzeichnis aufgenommen worden, ihre Lebensdaten werden direkt im Kommentar nach der Erstnennung des Namens in Klammern angeführt.


[1] Der Bestand im Stadtarchiv Dessau-Roßlau geht auf Hans Harksen zurück, der als Magistratsmitglied der Stadt Dessau eine enge Beziehung zum Bauhaus Dessau gepflegt hatte und von 1951 bis 1972 Leiter des Stadtarchivs war; siehe Wolfgang Thöner: Von den Anfängen der Bauhausforschung bis zur Gründung des WKZ Bauhaus Dessau im Jahre 1976. In: Fortschrittliches Bauhauserbe. Zur Entstehung einer ostdeutschen Bauhaussammlung, hrsg. von Wolfgang Thöner und Claudia Perren für die Stiftung Bauhaus Dessau. Leipzig 2019, S. 23–55, hier 30.

[2] Der Bestand an der Zürcher Hochschule der Künste wurde aus dem Besitz Rosmarin Bellmann, der Witwe von Hans Bellmann, erworben.
 

[3] Die Provenienz der Hefte 9 und 11, die sich in der Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau befinden, konnte nicht ermittelt werden. Heft 13 und das Heft 16 zugeschriebene Blatt kamen über einen Ankauf von der Leipziger Galerie am Sachsenplatz in den Bestand der Stiftung; siehe dazu: das bauhaus. Arbeiten der Jahre 1919‒33. Leipzig 1976 (Galerie am Sachsenplatz Leipzig. Katalog 3), S. 52, Kat.-Nr. 139 und 140. Im Auktionskatalog wird dieses Blatt einer mindestens acht Seiten umfassenden Protestresolution zugeschrieben und der Bauhausstudierende Albrecht Heubner als Urheber der Karikatur „so glücklich wie noch nie“ genannt. Worauf diese Zuschreibung fußt, wird nicht begründet.

[4] Heft 3 in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin ist eine Schenkung von „Herrn Dr. Schiff, Berlin“. Wahrscheinlich handelt es sich um den Kunsthistoriker Fritz Schiff, der unter anderem auch als Dozent an der MASCH tätig war. Das Heft liegt in gebundener Form vor.

[5] Bei den im Stadtarchiv Dessau-Roßlau vorhandenen Exemplaren wäre denkbar, dass die Datierung von Hans Harsens stammt. (Vgl.Anm. 3)

[6] Verantwortlich für die an der Universität Erfurt erarbeitete Datenbank bauhaus.community sind Patrick Rössler, Magdalena Droste und Anke Blümm. Die Daten wurden aus den drei Bauhaus-Institutionen in Weimar, Dessau und Berlin zusammengeführt und durch umfassende Recherchen ergänzt. Seit September 2019 kann auf etwa 1470 Datensätze zugegriffen werden. Die über Stammdatenblätter visualisierten Einträge setzen sich unter anderem aus „Grunddaten“, „Charakterisierung/Kurztexte“, „Netzwerk Gruppen“ und „Quellen und Archivmaterial“ zusammen.